Warum du deine wichtigsten Werte kennen solltest und 3 Wege, wie du sie herausfindest

Auf den ersten Blick erscheint die Frage nach den eigenen Werten vielleicht einfach oder unnötig. Relativ schnell fallen einem die für das eigene Umfeld typischen Werte ein – in meinem Fall: Ehrlichkeit, Respekt, Treue…. Und ja, diese Werte sind auch für mich wichtig und relevant.

Wenn es aber darum geht, dass man die eigenen Werte für persönliche Weiterentwicklung nutzen will, sind die allgemeinen gesellschaftlichen Werte oder eine endlos lange Werteliste nicht gerade hilfreich. Wie findet man also heraus, welche Werte einem im Leben am wichtigsten sind? Und warum ist das überhaupt relevant?

Was sind Werte überhaupt?

Das Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik definiert Werte als ein bestimmendes Element im menschlichen Leben, da sie definieren, was für uns wichtig ist und was unwichtig. Werte sind also das, was du als wertvoll oder moralisch gut empfindest. Sie sind Teil deiner Identität, der Motor deiner Motivation und bestimmen zu einem großen Teil die Ziele deines Lebens. Wichtig zu wissen ist, dass du deine Werte im Laufe deines Lebens – häufig unbewusst durch Nachahmung deines Umfelds – erwirbst und sich diese über die Zeit auch verändern (können).

Warum sollte ich meine wichtigsten Werte kennen?

Das erste Mal habe ich mich tiefgehend mit dem Thema Werte im Coaching mit Jenna van Hauten (danke Jenna!) beschäftigt. Mir war damals noch nicht bewusst, wie sehr das Thema mein Leben verändern würde. Heute frage ich mich manchmal, wie ich überhaupt so lange ohne diese Klarheit klargekommen bin.

Und da sind wir auch schon beim ersten Grund, warum du deine wichtigsten Werte kennen solltest: Sich seiner unbewussten Werte bewusst zu werden, bringt unglaublich viel Klarheit. Klarheit darüber, was einem im Leben am wichtigsten ist. Klarheit darüber, wofür man selbst stehen möchte. Klarheit darüber, welche Art von Person man sein möchte. Deine wichtigsten Werte sind wie ein innerer Kompass für die Ausrichtung deines Lebens.

Natürlich haben meine Werte auch als sie noch unbewusst waren meine Entscheidungen und meine Ziele im Leben beeinflusst. Oft war mir aber nicht klar, warum sich bestimmte Dinge unrund anfühlen oder ich es bei manchen Themen einfach nicht geschafft habe, loszugehen.

Jetzt wo ich meine wichtigsten Werte klar benennen kann, weiß ich genau, was ich brauche, um mit mir selbst im Einklang zu sein und mich gut zu fühlen. Es ermöglicht mir, mein Leben bewusst an diesen Werten auszurichten und führt dadurch zu einfacheren Entscheidungen und mehr Zufriedenheit.

Es hilft mir außerdem dabei, klar zu erkennen, was Priorität hat und was im Umkehrschluss unwichtig ist. Ohne dieses Wissen ist es leicht, abgelenkt zu werden von Dingen, die nicht wichtig sind und nirgendwo sinnvolles hinführen.

Ein weiterer Grund, warum du deine Werte kennen solltest ist, dass du entstehende Wertekonflikte bewusst lösen kannst. Ein Wertekonflikt kann einerseits entstehen, wenn sich 2 eigene wichtige Werte scheinbar nicht vereinbaren lassen. Das Resultat kann sein, dass man Schwierigkeiten hat, sich zu entscheiden oder nicht weiß, wie man sich in einer Situation verhalten soll.

Ein Beispiel dazu aus meinem eigenen Leben:

Bei meiner langjährigen Tätigkeit im Konzern hatte ich mich schnell weiterentwickelt und war nach 2 Jahren Führungskraft geworden. Ich habe mich erfüllt gefühlt, aber auch zusehends eingeengt. Damals war mir nicht klar, was da genau mit mir los war. Heute weiß ich, dass meine Werte Weiterentwicklung und Freiheit aneinanderprallten. Aus Weiterentwicklungssicht fühlte ich mich sehr wohl, da ich viel lernte und noch viel Entwicklungspotential sah. Aus Freiheitssicht haben mir der All-In Vertrag, die vielen fixen Meetings und die ungeschriebenen Gesetze der Führungskräfte im Konzern fast die Luft abgeschnitten.

Ist einem das erst einmal bewusst, kann man für sich selbst einen guten Weg in die Zukunft finden und herausfinden, wie man beide Werte in seinem Leben (in diesem Fall Job) vereinbaren kann.

Die andere Art des Wertekonflikts entsteht, wenn die eigenen Werte mit denen einer anderen Person, des Arbeitgebers oder auch mit einem Ziel nicht zusammenpassen.

Wenn es sich um einen Wertekonflikt mit einer anderen Person handelt, kann das der Grund sein, warum man sich von dieser Person getriggert fühlt oder oft in Konfliktsituationen mit dieser gerät.

Passen die Werte des Arbeitgebers nicht zu den eigenen, kann dies dazu führen, dass man sich dem Unternehmen nicht verbunden fühlt oder man sich nicht wohlfühlt dort. Im schlimmsten Fall kann es sogar dazu beitragen, dass man im Burnout landet.

Passen Ziele nicht zu den eigenen Werten, wird es sehr schwierig auf diese Ziele mit Motivation hinzuarbeiten.

Die eigenen Werte genau zu kennen, ermöglicht eine gezielte Reflexion in solchen Situationen und hilft, die richtige Lösung zu finden.

Wie finde ich meine wichtigsten Werte?

Wenn ich von den wichtigsten Werten rede, meine ich die Top 3 bis maximal Top 5 deiner Werte. Natürlich haben wir wesentlich mehr Werte, die uns wichtig sind, doch diese 3-5 wichtigsten machen uns besonders aus und leiten unser Leben besonders stark.

Hier sind 3 Methoden, wie du deine wichtigsten Werte finden kannst:

1. Wertelisten im Internet

Nur eine Google-Suche entfernt finden sich zahlreiche unterschiedliche Wertelisten, die einem Inspiration geben, welche Werte es grundsätzlich gibt. Diese sind aus meiner Sicht ein guter Start ins Thema, vor allem wenn man sich noch nie damit beschäftigt hat. Man kann sich aus diesen Werten alle auswählen, die einen ansprechen und kann diese Liste theoretisch immer weiter verkürzen, bis man bei den wichtigsten Werten landet. Mich persönlich hat diese Methode überfordert, da ich nicht wirklich wusste, wie ich aus der langen Liste an Werten zu meinen Top 3 kommen soll.

Was helfen kann die Liste zu verkürzen ist Folgendes: Überlege dir, welche Werte für dich zusammengehören bzw. wo ein für dich wichtiger Wert in einem anderen bereits enthalten ist. Für mich war z.B. der Wert „Abenteuer“ bereits im Wert „Freiheit“ enthalten. Sei dir bewusst, dass diese Gruppierung bzw. Entscheidung sehr individuell ist. Es gibt dabei kein richtig und falsch. Es zählt, was sich für dich persönlich stimmig anfühlt.

2. Wertetests

Wertetests, die es ebenfalls im Internet zu finden gibt, können ein nächster hilfreicher Schritt sein. Bei diesen Tests werden immer 2 Werte miteinander verglichen und man wählt, welcher von beiden wichtiger ist. So sollen aus einer Vorauswahl an Werten die Top 3 herauskommen. Für mich war diese Methode sehr abstrakt, da man immer nur die Wörter vor sich hat. Auch sind in diesen Tests immer nur vorgegebene Begriffe enthalten. Diese müssen nicht unbedingt diejenigen sein, die einen selbst ansprechen – denn auch das ist sehr individuell.

Ein Tipp für dich, wenn du einen solchen Test nutzen möchtest: Die Wahl des wichtigeren von 2 Werten ist einfacher, wenn man sich eine konkrete Situation vor Augen führt und sich fragt, was einem in dieser konkreten Situation wichtiger wäre.

3. Reflexionsfragen

Die Methode, die für mich am besten funktioniert hat nachdem ich mich ans Thema herangetastet habe (das kann bei dir aber natürlich ganz anders sein) sind Reflexionsfragen. Hier ein paar unterschiedliche Bereiche und die dazu nützlichen Fragen:

  • Entscheidungen:
    • Warum treffe ich Entscheidungen, so wie ich sie treffe?
    • Was ist mein dahinterstehender Wert?
    • Was will ich damit erreichen?
  • Dinge, die du gerne tust/die dir Freude machen:
    • Warum tue ich diese Dinge?
    • Was steht für ein höherer Sinn dahinter?
    • Wofür stehen diese Dinge für mich?
  • Menschen, die du bewunderst:
    • Warum bewundere ich diesen Menschen?
    • Was macht ihn besonders?

Wichtige Tipps für den Prozess

  1. Habe Geduld! Das Finden deiner wichtigsten Werte ist ein Prozess. Wahrscheinlich wirst du nicht innerhalb von 10 Minuten zu deinen wichtigsten Werten kommen. Meine Erfahrung ist, dass es manchmal gut ist, das Thema wirken und in sich arbeiten zu lassen. Du wirst es merken, wenn sich deine Top 3–5-stimmig anfühlen.
  2. Hinterfrage im Prozess gerne mal kritisch, ob die ausgewählten Werte (vor allem wenn du sie aus Listen nimmst) tatsächlich aus deinem Inneren kommen oder ob sie vielleicht aus alten Prägungen und Glaubenssätzen kommen und dir gar nicht mehr entsprechen.
  3. Frage dich beim Finden deiner wichtigsten Werte, worum es dir tatsächlich geht bzw. was wirklich der höhere Sinn für dich ist. Als Beispiel: In meinem eigenen Prozess bin ich über den Wert „Verantwortung“ gestolpert – etwas das in meinem Leben wichtig ist. Ich übernehme häufig die Verantwortung für etwas, im Job und privat. Gehört es aber deshalb zu meinen wichtigsten Werten? Nein, habe ich für mich festgestellt. Der höhere Sinn, weswegen ich Verantwortung übernehme ist der Wert „Freiheit“. Ich möchte frei sein, Dinge zu gestalten und zu entscheiden. Die Verantwortung ist nur ein Nebeneffekt, weil Freiheit ohne Verantwortung nicht geht.
  4. Wie bereits erwähnt, können sich deine wichtigsten Werte im Laufe der Zeit auch verändern. Mein Tipp ist daher, einmal im Jahr die eigenen Werte zu reflektieren. Eine schöne Methode finde ich den Integritätsreport von James Clear, den er in seinem Buch Atomic Habits (das ich sehr empfehlen kann) vorstellt. Er stellt sich dabei jedes Jahr nach dem 1. Kalenderhalbjahr folgende Fragen: Was sind meine wichtigsten Werte? Wie lebe und arbeite ich gerade mit Integrität? Wie kann ich für die Zukunft einen höheren Standard setzen? So kannst du deine Werte reflektieren und gleichzeitig dafür sorgen, dass du immer mehr in Einklang mit diesen lebst.

Verwendete Literatur
Stangl, W. (2024, 5. Juli). Werte. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik.
https://lexikon.stangl.eu/8845/werte.


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